Event Report
tromba e piano, un finale grande
Schlussakkord im Sägewerk von „Bella Italia!“ mit dem Duo Giovanni Mirabassi und Flavio Boltro
Von Thomas Hein
Ein Zauberwort stand „after show“ im Sägewerk sehr oft im italienisch-englischsprachigen Sprach- und Kunstraum, das auch – wie ein Untertitel – über dem Abend schwebte: Imagination(e). Wenn die dieci anni, wie die Gasteiner Iden des März zu Ende gehen, wenn „Bella Italia“ aus den von der Sonne des Südens genährten Erwartungen langsam zu Erinnerungen werden, bleibt die Imaginatione, die kreative Vorstellungskraft der KünstlerInnen, diese Träume in berührende , mitreißende Töne zu verwandeln. Und – dem Publikum – diese Energien aufzunehmen und in eigene Bilder im Kopf zu gießen, der von den Musen berührten Seele Nahrung zu gewähren. Die beiden Künstler des Abends - in Anklang an die „Amerikaner in Paris“ könnte man sie „Italiani a Parigi“ nennen, der Pianist Giovanni Mirabassi und der Trompeter Flavio Boltro waren zum Abschluss des Festivals den weiten Weg eigens ins Jazz Zentrum Sägewerk geeilt, wie ein in Stunden messbarer Zeit- und Kultursprung aus der rastlosen Metropole Frankreichs in die ländliche Berg- und Schneeidylle des Gasteinertals.
Ein großer Bogen, der langsam erkennbar wird
Der zum drittenmal in diesem Rahmen italienisch, mit französisch-amerikanischen Akzent erklingende Bösendorfer des Festivalhauses ließ den äußerst eigenständigen Klavierstil von Giovanni Mirabassi eindrucksvoll zur Geltung kommen. Was als ironisches Spiel mit dem Jazz der Frühzeit begann, fing innerhalb weniger Momente, das Gerüst der Musik freilegend, langsam an zu brechen. Gerade diese ständigen Brüche, Verschiebungen, wechselnden Farben sorgten für die nicht nachlassende Spannung in ihren Stücken und in diesem Konzert. Ob virtuose Rasanz, ob die lyrische Stimmung von Balladen, nie konnte man sicher sein, wohin der Weg im nächsten Augenblick umschwenken könnte. Wenn Mirabassi nicht nur den großen Kollegen der Jazzgeschichte, Bill Evans als großes Vorbild sieht, ist da vor allem das Jarrett-Prinzip der freien Findung der Töne und Motive am Klavier, des Riskos im Spiel das große künstlerische Thema des Abends, die Bausteine der Formen und Figuren dafür hat Mirabassi wie Jarrett aus dem klassischen Fundus der Techniken genommen und um eigene formale Schreibweisen ergänzt, das harmonisch-rhythmische Bild neu zusammengesetzt. Was Giovanni Mirabassi so besonders auszeichnet, ist das Verschwimmen der Moderne mit der zu Grunde liegenden eingearbeiteten Geschichte, das werden immer die Töne gesucht, sie dann fassend wieder losgelassen. Flavio Boltro bleibt in diesem Zwiegespräch der Part Tupfen zu malen, Striche zu ziehen, des genau zu treffenden Strahlens und der gedämpften Momente, wie die kürzeren oder längeren Signale eines Leuchtfeuers im sich dauern verändernden Meer ihrer Musik. Der gegenseitige Respekt für ihr großes Können und das Einverständnis der beiden „Parigis Italienne“ war durchgehend spürbar, nicht nur das von Mirabassi für Boltros Tochter geschriebene Stück “Siennas Song“ berührte ein zahlreich gekommenes, fasziniertes Publikum, eine mehr als zwanzigminütige Suite raubte im wahrsten Sinne allen den Atem. Das Finale führte durchaus nachvollziehbar Ellingtons (Fan)“Caravan“(e) in die Monk'sche Stimmung des Ausklingens mit „Round Midnight“, mehr darf man sich nicht wünschen. Ciao, Bella Italia, a prossimo..... Il Promotore“