Es müsste schon viel passieren, dass Karl Ratzer in die Jahre kommt und seine Gitarre an den Nagel hängt. Nach Jahrzehnten immer noch unermüdlich im Dienste der Musik tätig, zeigt sich der Gitarrist und Sänger auch auf "Underground Systems", dem neuen Album seines Septetts, in der Blüte seiner musikalischen Kreativität.
Spricht man von Legenden, die die österreichische Musikszene in den letzten Dekaden herausgebracht hat, nimmt der Gitarrist und Sänger Karl Ratzer unter diesen definitiv einen der prominenten Plätze ein. Wohl nur wenige andere hierzulande noch aktive Musiker können auf so ein bewegtes Leben zurückblicken wie der Sohn des Künstlers und Holocaust-Überlebenden Karl Stojka.
Schon in seinen frühen Jahren vom Bluesrock und Rock’n’Roll infiziert war für ihn schnell klar, dass ihn die Musik einmal durch sein ganzes Leben lang begleiten wird. Erstmals zu größerer Bekanntheit gelangte der Autodidakt mit der Ende der 60er Jahre gegründeten Formation Gipsy Love, die für viele als eine der ersten österreichischen Rockbands überhaupt galt.
Der Rest ist sozusagen Musikgeschichte. Ratzer übersiedelte in die USA und kam dort mit einer Reihe der ganz Großen der internationalen Musikwelt der damaligen Zeit zusammen. Gleich zu Beginn seines Aufenthaltes war er als Gitarrist in einem Projekt mit dem Namen High Voltage involviert, das später als Rufus & Chaka Khan zu Weltruhm gelangen sollte. 1977 gründete der Wiener in New York eine Band mit Jeremy Steig, Dan Wall, Eddie Gomez, Joe Chambers und Ray Mantilla. 1980 kehrte der heute 65-Jährige schließlich wieder in seine Heimat zurück, wo er sich seit dem mit seinen eigenen Formationen höchst aktiv betätigt.
„eine Vibrato-Technik, dass du sterben möchtest“
Seine Zeit in den USA hat sich natürlich hörbar auch in seinem Stil niedergeschlagen. Als offener Geist, der er immer war und auch heute noch ist, zeigte Ratzer niemals Scheu davor, auch neue Wege einzuschlagen. Er liebt bekanntermaßen den Blues, hat aber im Laufe seiner Entwicklung seine musikalische Heimat ebenso im Jazz, Soul, Funk, im Wienerlied und Gipsy-Swing gefunden. Geschätzt wird der Gitarrist vor allem für sein unverkennbar leidenschaftliches und variantenreiches Spiel. So meint etwa der amerikanische Gitarrist, Journalist und Jazz-Autor Bill Milkowski: „Er hat einen fetten, sahnigen Ton, eine mutige Improvisations-Ader, eine Vibrato-Technik, dass du sterben möchtest“.
Im Septett gemeinsam mit Johannes Enders (Saxofon), Peter Tuscher (Trompete), Ed Neumeister (Posaune), Larry Porter (Klavier), Peter Herbert (Bass) und Howard Curtis (Schlagzeug) macht sich Ratzer auf der CD „Underground Systems“ erneut auf, den Jazz seiner Prägung, sprich den zwischen den stilistischen Stühlen, zu verwirklichen. Mit unbändiger Leidenschaft, Spielwitz und unendlicher musikalischer Finesse sich durch die Nummern spielend lässt die Band ein faszinierendes swingendes Klangerlebnis entstehen, welches einfach niemanden unberührt lässt.