Event Report
Italienisch tiefe Weitsicht
Das Luca Ciarla Quartet(o) im Grand Park Hotel Bad Hofgastein
Von Thomas Hein
Es liegt dem Komponisten, Geiger & Bandleader Luca Ciarla sichtlich daran, Verständnis für seine künstlerischen Gedanken und Konzepte zu finden. Auf Deutsch würde der weit gespannte Begriff eines/einer vielschichtigen „Musikanten/Musikantin“ – zum Unterschied zur/zum eher eindimensionalen MusikerIn als Berufsbezeichnung – am besten seine Vorstellungen treffen. Er oder sie sind von der Muse und der Musik am tiefsten erfüllt, in all ihren Spielarten, von der (auch technisch) zu Grunde liegenden Klassik, der die KünstlerIn täglich einbettenden Volksmusik bzw. Folklore bis zum Aufbruch in neue Formen der Zukunft, einer vielfältig beeinflussten „Neuen Musik“. Diesem höchst modernen und gleichzeitig weitsichtigen Anspruch versuchte der aus dem süditalienische Termoli stammende Künstler mit seinem Quartett im ersten „Hotel-Konzert“ des Festivals zu folgen.
Auf den Spuren …
Waren am Tag zuvor im Sägewerk noch Jacques Offenbach und Kurt Weill bzw. John Lewis die anregenden musischen Geister, fand Lucia Giarla diesmal etwa in Johann Sebastian Bach - in einer Gavotte des Meisters alle Musikklassen - in Dizzy Gillespies „Night in Tunisa“ oder Django Reinhardts „Minor Swing“ die inspirierenden Gefäße, die es zu beleben und neu zu interpretieren galt. Klassische Spielweisen und volksmusikalisch tanzende Würze bei vielschichtigen Arrangements für das Akkordeon von Vince Abbracciante, den akustischen und elektrischen Bass von Nicola di Camillo und das perkussive Schlagwerk von Francesco Savoretti waren die ausgereiften Zutaten an diesem mitreißenden World-Jazz-Abend. Wenn man die genannten Kompositionen und deren Urheber als notwendige Vorläufer und tänzerisches Pflichtprogramm der leichten Umsetzung betrachtet, beginnt erst danach die Kür der selbst gefundenen Werke. Ob traditionelle süditalienische Formen wie die Tarantella oder andere Weltmusiken, die die Geige oder das Akkordeon als prägende Instrumente einsetzen, die Reise führt immer weiter in die Tiefe von Kulturkreisen und deren eigentümlichen Tönen. Gesehen durch eine künstlerische Brille, gesetzt in die Sprache des Jazz mit dessen solistischen Ausflügen, gibt er den Musikern die Chance, von sich selbst zu erzählen, mit ihren eigenen persönlichen Dialekten.
Der begeisternde Abend lässt auch insgesamt ein wenig offener werden, die immer wieder in den Köpfen und Ohren nachwachsenden Grenzen zurückdrängen und die Musik als ganz besonderen Ausdruck empfinden, die vieles verbindet, aber auch vieles unbeantwortet beim Publikum und in dessen Phantasie zurücklässt, Luca Ciarla und sein Quartett sind auf einem weiten, aufregenden Weg mit zahllosen funkelnden Steinen an dessen Rand.