Jacky Terrasson Trio
SNOW JAZZ GASTEIN

Jacky Terrasson Trio

So, 25. März 2012 - 20:00
Sägewerk Bad Hofgastein
Jacky Terrasson
piano
Stephane Kerecki
bass
Jeff Boudreaux
drums

Event Report

Aus der weiten Musik Geschichte(n) schöpfen

Das Jacky Terrasson Trio beschließt Snow Jazz Gastein 2012 - the New York City Edition - im Sägewerk

Auch der Sonntagabend bestätigte wieder einige der Kritikerblicke von außerhalb, die an diesem Schreibort in diesen zehn Tagen auf das Festivalprogramm geworfen wurden. Der seit einigen Jahren in Paris lebende amerikanische Pianist Jacky Terrasson gastierte nach seinem Duo mit Michel Portal beim Paris-Schwerpunkt diesmal mit seinem französischen Trio (mit dem Bassisten Stéphane Kerecki und dem ebenfalls in Paris lebenden, aus Baton Rouge, Lousianna stammenden Drummer Jeffrey Boudreaux) und setzte einen lautstark beklatschten überzeugenden Schlusspunkt.


Wo steht die Tradition, was ist „modern“, wohin bewegt sich der Jazz zwischen E.-und U.-Musik?, nur einige der aufgeworfenen Fragen, die jede(r) im Publikum selbst beantworten darf. Wo in der Frühzeit des Jazz dieser als Synonym für populär galt und in seiner Bedeutung der heutigen Popmusik entsprach, entstand auch das große American Song Book, Melodien, die großteils den Broadwaystücken entstammten und die bei den Konzerten bis heute das gemeinsame Gefühl der amerikanischen Unterhaltungsmusik verkörperten. Dazu kamen Komponisten und Bandleader, die dieses Songbook mit ihren Stücken ergänzten und die heute zu diesem musikalischen Zeitbild gehören, wie zwei sehr berühmte von Duke Ellington, „Take The A-Trane“ und „Caravan“ oder Thelonius Monks „Round Midnight“, die in Jacky Terrassons langem Reigen auf großartige Weise wieder einmal ihre Leuchtfähigkeit zeigen durften. Was fast ungewohnt romantisch und langsam solistisch am Klavier begann, steigerte sich bald in sein von ihm gewohntes rasantes, gleichzeitig auch sehr komplexes, die Stücke fein säuberlich zerlegend und sie wieder auf ungewohnte Weise zusammensetzendes Spiel. Da finden sich auch zahlreiche Anspielungen aus Popsongs wie etwa Michael Jacksons „Beat It“, mit denen Terrasson sein „Liederbuch“ ergänzt. So erweitert sich das alte „Real Book“ Schritt für Schritt um die moderne Popliteratur, von Madonna bis ABBA, von Lennon/McCartney und Joni Mitchell bis Cyndi Lauper oder Amy Winehouse, wodurch der Jazz auch wieder ein neues junges Publikum, das mit einem anderen Song-Hintergrund aufgewachsen ist, zu erreichen vermag.

Was das Trio von Jacky Terrasson so besonders auszeichnete ist ihr leichter Umgang mit den Melodien und deren Partikeln, sie zu betrachten, neue Verbindungen zu ähnlichen Stücken zu entdecken, Tradition mit modernen Spieltechniken und Klangauffassungen ein wenig umzudeuten und doch nicht damit zu verstören. Die Musik ging irgendwie „gut ins Ohr“, da passten auch manche Quertöne durchaus ins Bild, alles verbunden durch Terrassons verblüffende Geschwindigkeit, mit der seine Finger über das Klavier turnten, ohne den durchgehenden, vorausblickenden roten Faden zu verlieren. Stéphane Kerecki überzeugte mit seinem - sowohl begleitenden als auch solierenden - modernen Spiel, damit blieb es Jeffrey Boudreaux Hauptaufgabe das umfangreiche Material mit klaren und manchmal harten Strichen zu strukturieren, um das gemeinsame Ziel ihres ganz persönlichen Songbooks zielsicher zu erreichen. Wer fragt da ob E oder U ?;  Werner Pirchner nannte das einst ganz locker EU, dort gibt es ja bekanntlich ein sehr buntes Musikland namens Italien, im kommenden Jahr wird die Snow Jazz Reise dorthin gehen. Buon Viaggio, Gastein!

von Thomas Hein